Kategorie-Archiv: Stationen digitaler Denkmalpfad

Ermen & Engels reloaded

Das ehemalige Kutscherhaus liegt wie ein Riegel zwischen der Villa und den Fabrikgebäuden. Hier, wo früher die Kutschen parkten, Pferde und der Kutscher lebten, sind heute Wohnungen und Praxen untergebracht. Die neue und zeitgemäße Nutzung der Architektur ist Teil eines Umnutzungskonzeptes für das gesamte ehemalige Fabrikgelände von Ermen & Engels.

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Vom Kapitalisten zum Kommunisten: Vater & Sohn Friedrich Engels

„Freue Dich mit mir, innigst geliebter Karl, der liebe Gott hat unser Gebät erhört und uns am verfloßnen Dienstagabend, den 29. Nov[ember] abends um 9 Uhr ein Kindlein, und zwar einen gesunden wohlgestalteten Knaben geschenkt. Ihm sey Lob und Preis aus unsern vollen Herzen gebracht für dieses Kind und für die gnädige Hülfe und Bewahrung, welche wir bei der Entbindung für Mutter und Kind erfahren haben!“ [7]

Schreibt Friedrich Engels senior, der Firmengründer von Ermen & Engels, voller Vaterfreuden am 1. Dezember 1820 an seinen Schwager Karl Snethlage.

Friedrich Engels junior wurde am 28. [im Brief hat sich der Vater verschrieben] November 1820 als erstes Kind von Friedrich Engels sen. und seiner Frau Elise geboren. Er wächst in wohlhabenden Verhältnissen auf. Zu seiner Mutter hat er ein liebevolles Verhältnis. Sein Vater versucht, mit strenger Erziehung die pietistisch-unternehmerische Familientradition weiterzugeben. Das mißlingt. Auch drakonische Erziehungsmaßnahmen konnten daran nichts ändern.

„Friedrich hat mittelmäßige Zeugnisse in voriger Woche gebracht. Im Äußern ist er, wie Du weißt, manierlicher geworden, aber trotz der frühern strengen Züchtigungen scheint er selbst aus Furcht vor Strafe keinen unbedingten Gehorsam zu lernen.“ [5] So klagt der Vater im August 1835 seiner Frau.

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Kinder und Frauen zuerst: Arbeiten in der Fabrik

 „Das Dorf Engelskirchen enthält mehrere hundert Einwohner, und die Umgebung ist ziemlich angebaut, so daß es nicht an Händen fehlt. Der Schulbezirk zählt allein 147 schulpflichtige Kinder von 6 bis 13 Jahren. Die Bewohner sind sehr arm und sehen mit Sehnsucht einer neuen Nahrungsquelle entgegen. Der Arbeitslohn ist für einen kräftigen Mann p[er] Tag 8 S[ilber]gr[oschen], während er bei uns bei 14 à 15 Sgr. ist. Kinder wird man verhältnißmäßig weit billiger und mindestens 30 à 40 % billiger wie bei uns haben können.“ [7]

Schreibt der begeisterte Friedrich Engels senior 1837 an seinen Kompagnon Peter Ermen.

Unter den Beschäftigten der Haspelei von Ermen & Engels sind viele Kinder und Jugendliche, 1893

Unter den Beschäftigten der Haspelei von Ermen & Engels sind viele Kinder und Jugendliche, 1893

Dass die Kinder mitarbeiten mussten, wenn die Familie von der Landwirtschaft lebte, war ganz normaler Alltag. So erhielten die schulpflichtigen Kinder im Oktober Ferien, um bei der Kartoffelernte mithelfen zu können. Die Kartoffelferien von einst sind die Herbstferien von heute. Weiterlesen

Vom heimischen Webstuhl in die große Fabrik

Postkarte, Spinnerei Ermen & Engels

Postkarte, Spinnerei Ermen & Engels

Der Schornstein − Symbol der Fabrik

In dem kleinen Kinderbuch „Ich werde Seeräuber“ [18] − 1974 in der DDR erschienen − erzählt Helga Talke auch ein fiktives Kindheitserlebnis von Friedrich Engels junior, dem Sohn des Gründers der Engelskirchener Fabrik. Im heimischen Barmen entdeckt der junge Friedrich unterwegs zufällig in einem dunklen Zimmer einen völlig verarmten Weber bei seiner Arbeit − gebückt, schwindsüchtig und nur noch mit seiner Unterwäsche bekleidet. Er will ihm helfen. Zuhause nimmt er einige abgetragene Kleider, mit der seine Geschwister eine Vogelscheuche gebaut hatten, und bringt sie dem Weber. Sein Vater findet dies heraus und es setzt eine Tracht Prügel. Die naive kleine Geschichte mit leichtem Hang zu ideologischer Korrektheit − großartig illustriert von Werner Neumann − enthält einen wahren Kern. Sie beschreibt die Ausbeutung der Weber und den Aufstieg der Fabrik als Ort der Produktion, der die Not der Heimgewerbetreibenden vergrößerte.

Werner Neumann, Illustration in Helge Talke, Ich werde Seeräuber, (Ost-) Berlin 1974

Werner Neumann, Illustration in Helge Talke, Ich werde Seeräuber, (Ost-) Berlin 1974

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Vom Weberlied zum Klassenkampf

Als Friedrich Engels senior hier in den 1840er Jahren seine Fabrik aufbaut, war er als künftiger Arbeitgeber bei der heimischen Bevölkerung sehr willkommen. Über die Aussicht auf Beschäftigung „ist nun in Engelskirchen, wie leicht zu denken, großer Jubel. Dem Engels hat man nun bei  seiner Ankunft daselbst die Pferde abspannen wollen, um den Wagen selbst zu ziehen“, berichtet der Lindlarer Bürgermeister Heinrich Bau 1837. [16]

Aufstand der Weber

Anders sieht es in vielen anderen Teilen Deutschlands aus. Hier rumort es. Im frühindustriellen Deutschland sind es vor allem die Weber, die gegen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen aufbegehren. 1844 waren schlesische Baumwollweber aufgestanden, um gegen niedrige Löhne zu protestierten. Heinrich Heine nahm diesen Aufstand zum Anlass und schrieb ein Gedicht als Klage gegen die Folgen der Industrialisierung, die die heimwerkenden Baumwollweber in Ausbeutung und Armut nur gerade überleben lässt.

Heinrich Heines berühmtes Gedicht Die armen Weber oder auch Weberlied erschien 1844 in Karl Marx Zeitung Vorwärts! [nicht zu verwechseln mit der Parteizeitung der SPD].

Heinrich Heine, Die armen Weber, 1844 auf der Titelsete des Vorwärts!

Heinrich Heine, Die armen Weber, 1844 auf der Titelseite des Vorwärts!

[Den Gedichttext in neuer Schrift finden Sie hier.] Weiterlesen

Alles im Abfluss − Umweltschutz gestern und heute

„Der schmale Fluß ergießt bald rasch, bald stockend seine purpurnen Wogen zwischen rauchigen Fabrikgebäuden und garnbedeckten Bleichen hindurch; aber seine hochrote Farbe rührt nicht von einer blutigen Schlacht her, […] auch nicht von Scham über das Treiben der Menschen, obwohl dazu wahrlich Grund genug vorhanden ist, sondern einzig allein von den vielen Türkischrot-Färbereien.“ [4]

So beschreibt Friedrich Engels junior 1839 die Wupper bei Barmen. Ähnlich wird später auch die Agger bei Engelskirchen ausgesehen haben.

Ermen & Engels, rauchende Schlote, 1899

Ermen & Engels, rauchende Schlote, 1899

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Die Zeiten ändern sich: im Takt der Maschine

Den Takt der Zeit gaben einst die Jahreszeit, der Tagesverlauf und die Notwendigkeiten des Alltags vor − begleitet vom Stundenschlag der Kirchturmuhr. Bei Sonnenaufgang stand man auf, bei Dämmerung ging es wieder zu Bett. War Erntezeit, wurde geerntet. Im Winter stand das Reparieren des im Laufe des Jahres Zerschliessenen an. Am Sonntag rief die Kirche.

Ermen & Engels, Verwaltungsgebäude mit Glockentürmchen, um 1909

Ermen & Engels, Verwaltungsgebäude mit Glockentürmchen, um 1909

Zeit ist Geld

Im Zeitalter der Maschine müssen sich die Arbeiterinnen und Arbeiter dem Takt der Maschine unterordnen. In der Fabrik sind alle Arbeitsabläufe optimal aufeinander abgestimmt. Jeder Handgriff muss sitzen. Wenn die Arbeit morgens beginnt kann auf keine arbeitende Hand verzichtet werden. Weiterlesen

Der strickende Engel – Garne in allen Farben

Hier in der ehemaligen Färberei wurden die Garne in verschiedenen Farben eingefärbt: goldgelb, türkischrot, azurblau … Die malerischen Namen der Farben trügen. Das Bleichen und Färben war eine gefährliche Arbeit, bei der auch giftige und ätzende Chemikalien zum Einsatz kamen.

Der Häkelbadeteppich aus Baumwollstrickgarne echter Farbe. Der Engel als  Ermen & Engels Firmenlogo krönt die Häkelanleitung, zwischen 1922 und 1934

Der Häkelbadeteppich aus Baumwollstrickgarne echter Farbe. Der Engel als Firmenlogo krönt die Häkelanleitung, zwischen 1922 und 1934

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Pionier mit Unternehmertradition

„[…] am wohlfeilsten möchte es seyn, mehrere geschickte Schreiner- und Drechslergesellen anzunehmen und unter eigener Leitung nach Muster solche arbeiten zu laßen. Ich habe selbst eine solche Werkstätte von ca. 7 Mann für unsere Fabrik & Gebäude seit länger als 15 Jahren geleitet und finde diese Weise am ökonomischten.“ [7]

Das schreibt Friedrich Engels sen. an seinen künftigen Geschäftspartner Peter Albert Ermen am 15. Januar 1837 nach Manchester. Friedrich Engels sen. war ein geschickter Unternehmer, der bereits etliche Erfahrungen im väterlichen Unternehmen in Barmen gesammelt hatte. Auch hier in Engelskirchen führte er in seiner neuen Fabrik eigene Werkstätten − u.a. Schlosserei, Schreinerei, Schmiede, Riemenmacher und Ziegelei − ein. Ermen & Engels konnte eigenständig auf verschiedene Handwerke zugreifen, die schnelle und individuelle Lösungen für den Alltag der Fabrik bereitstellten.

Ermen & Engels, Belegschaft der Schreinerei, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

Ermen & Engels, Belegschaft der Schreinerei, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

Die Gebäude der ehemaligen Schlosserei und Schreinerei sind heute noch erhalten. Weiterlesen

Am rauschenden Bach: Energie durch Wasserkraft

„Dabei fragt es sich nur, ob eine solche [Spinnerei] vortheilhaft mit Dampfkraft betrieben werden kann. Ich sollte es fast denken, da so viele auf diese Weise bestehen, doch theile ich ganz mit Ihnen die Ansicht, daß eine Wasserkraft unbedingt vorzuziehen sey, und deshalb möchte ich wünschen, daß wir dies vorher reiflich erwägen. Auf meine desfalsige Anfrage versicherte mich der B[au]m[ei]st[e]r Heyden, daß an der Agger, etwa 7 St[un]d[en] von hier […] ein Gefälle von 14 Fuß zu haben sey, was nach seiner Schätzung eine Kraft von ca. 50 Pferden haben müße. Außerdem seyen noch mehrere andere Gefälle dort zu erwerben. Ich habe Herrn Heyden aufgetragen, unverzüglich an einen vertrauten Menschen zu schreiben, den er in der dortigen Gegend kennt, und werde nach dessen Antwort mit Heyden einen Abstecher incognito dorthin machen, um die Sache näher zu untersuchen.“

Brief von Friedrich Engels sen. an Peter Albert Ermen in Manchester vom 7. März 1837 [7]

Ermen & Engels an der Agger

Wasser gab es schon immer reichlich im Bergischen Land. Feuchte Luftmassen, die vom Atlantik kommen, stoßen hier erstmals auf ein bergiges Hindernis. Beim Anstieg kommt es zum so genannten Steigungsregen, der die vielen Flüsse und Bäche im Bergischen mit Wasser versorgt. Die Region ist eine der niederschlagsreichsten in ganz Europa. Die vorhandene Wasserkraft wird früh genutzt für Mühlen und Hämmer der heimischen Eisen- und Stahlverarbeitung. Als Friedrich Engels sen. 1837 das zukünftige Fabrikgelände am Rande von Engelskirchen kauft, erwirbt er die Wasserrechte von zwei Mühlen und einem Hammer gleich mit. Die Wasserrechte erlauben ihm die Nutzung des Wassers der Agger. Und seine Bauwollspinnerei wird ein durstiger Anwohner werden. Das Wasser wird zur Energiegewinnung und für das Färben der Garne benötigt. Weiterlesen